Permanente Direktsaat in Erprobung - Erfahrungen mit Direktsaat in einem sächsischem Marktfruchtbetrieb

Dr. Konrad Steinert

zuerst erschienen in der LOP-Ausgabe März 2008

Thomas Sander zeigt Peluschken (Futtererbsen) als N-fixierende Zwischenfrucht.
Thomas Sander zeigt Peluschken (Futtererbsen) als N-fixierende Zwischenfrucht.

Thomas Sander bewirtschaftet im sächsischen Waldenburg einen 450 ha-Ackerbaubetrieb. Wir hatten über den Direktsaatpionier in unserer Zeitschrift bereits mehrfach berichtet (September 2002, November 2004). Seit 1998 wird der Betrieb konsequent pfluglos bewirtschaftet. 2004 erfolgte dann mit dem Kauf einer neuseeländischen Cross-Slot-Sämaschine eine komplette Umstellung auf Direktsaat.

Als gelernter Orgelbauer ist Thomas Sander ein Seiteneinsteiger in die Landwirtschaft und stellte vieles Althergebrachte wie die Bodenbearbeitung in Frage. Vorträge von Beratern wie Rolf Derpsch sowie Recherchen im Internet begeisterten den Landwirt für die Direktsaat als Ackerbausystem der Zukunft. Er ist der Überzeugung, dass sich die bereits in vielen Ländern der Welt bewährte Direktsaat erfolgreich auch in Deutschland umsetzen lässt und setzt das Konzept in seinem eigenem Betrieb konsequent um. Seit nunmehr vier Jahren verzichtet er im eigenen Betrieb auf jegliche Bodenbearbeitung, auch wenn dabei in mancher Hinsicht Lehrgeld zu zahlen war.

Der Landwirt betrachtet das als Investition in die Zukunft und hofft, das ihm die gewonnen Erfahrungen helfen, die Herausforderungen der Zukunft zu bestehen.

Vorteile von Direktsaat: Kosteneinsparung

Ein offensichtlicher Vorteil ist die Einsparung von Arbeitszeit, Kraftstoff und Kosten durch den Verzicht auf die Bodenbearbeitung. Das gilt um so mehr, weil der Betrieb Schlagentfernungen bis zu 25 km aufweist. Gerade in der arbeitsintensivsten Zeit von Juli bis September wird hier eine deutliche Entlastung erreicht. Einsparungen von 80-120 €/ha durch Verzicht auf Bodenbearbeitung entsprechen einem Getreideertrag von 5 dt/ha. Es zeigte sich jedoch, dass Ertragsdepressionen nur kurzfristig auftreten. Langfristig steigen die Erträge wieder und können dann sogar höher sein als bei konventioneller Bearbeitung.

Humusanreicherung

Der ständige Verzicht auf die Bodenbearbeitung führt zur Anreicherung von Kohlenstoff im Boden. Langfristig hofft Thomas Sander, den Humusgehalt der Böden auf das Niveau von Dauergrünland anheben zu können. Die braunen Lößböden in der Region haben bei konventioneller Bewirtschaft einen Kohlenstoffgehalt unter 2 %, Dauergrünland dagegen zwischen 4 bis 6 %. Es ist aus Untersuchungen auf Grünlandflächen bekannt, dass sich dieser Prozess der Humusanreicherung über viele Jahrzehnte hinzieht. Eine ständige Zufuhr organischer Stoffe wie Stroh, Wurzelrückstände oder ein intensiver Zwischenfruchtanbau sind erforderlich, um das Bodenleben ständig mit Nahrung zu versorgen. In den Zwischenfruchtanbau werden deshalb zunehmend Leguminosen und Gräser, die viel Wurzelmasse bilden, einbezogen. 

Vielfach wird bezweifelt, dass diese Effekte bei Direktsaat tatsächlich erreichbar sind, denn bei konservierender Bodenbearbeitung bleibt die Humusanreicherung relativ gering (siehe auch LOP Mai 2007, S. 12-18). Aber schon nach vier Jahren Direktsaat ist im Betrieb Sander der Humusgehalt in der obersten Bodenschicht, die zu einem großen Teil aus den Exkrementen von Regenwürmern besteht, auf 4 bis 5 % angestiegen. Damit können Ackerböden zu einer Senke für Kohlenstoff werden und ihren Beitrag dazu leisten, Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu speichern. In den USA und Kanada wird bereits seit längerem diskutiert, das so festgelegte CO2 im Rahmen des Emissionshandels zu berücksichtigen – ein zusätzlicher Gewinn für den Landwirt. Thomas Sander hofft, dass diese Humusschicht im Laufe der kommenden Jahre immer mächtiger wird und sich damit eine natürliche Bodenfruchtbarkeit aufbaut, wie dies auch auf Dauergrünland zu beobachten ist. Schon jetzt zeigt sich, dass die Erträge dort am höchsten sind, wo der Boden eine intakte Humusauflage aufweist und durch die Bodenfauna biologisch intensiv bearbeitet wird. Am schnellsten geht diese biogene Strukturbildung auf humosen Sandböden. Dagegen dauert es auf lehmigen Tonböden wesentlich länger, bis sich auch hier eine humose und gut strukturierte Bodenschicht bildet. Hier muss man einfach Geduld haben und diesen Vorgang z.B. durch den Anbau von Grünlandvermehrungen oder den Anbau strukturfördernder Leguminosen fördern. Jede Bodenbearbeitung, auch wenn sie nur flach mit der Spatenrollegge oder Kurzscheibenegge durchgeführt wird, würde diese Entwicklung aber wieder stoppen.

Bodenerosion stark reduziert

Die Regenverdaulichkeit steigt andererseits durch die Bodenbedeckung und die zahlreichen Regenwurmgänge auf ein Vielfaches gegenüber konventionell bewirtschafteten Flächen. Selbst bei intensiven Niederschlägen, wie sie z.B. auch 2007 wieder aufgetreten sind, versickert das Wasser rasch im Boden, während es auf benachbarten gepflügten Flächen zu Oberflächenabfluss und intensivemr Bodenabtrag kam.

 Verbesserter Wasserhaushalt

Die ständige Bodenbedeckung führt zu einer Abnahme der unproduktiven Wasserverluste über die Bodenoberfläche. Selbst wenn Zwischenfrüchte dem Boden Wasser entziehen, steht der Hauptkultur häufig noch mehr Wasser zur Verfügung als auf unbedeckten Böden. Dazu kommt die verbesserte Wasseraufnahme, besonders bei Starkniederschlägen. Dürreperioden werden auf Direktsaatflächen wesentlich besser als auf konventionell bewirtschafteten Flächen überstanden.

 Weniger Stressanfälligkeit

In der Zukunft müssen wir wahrscheinlich mit verstärkten Wetterextremen wie Dürreperioden und Starkniederschlägen rechnen. Wie das aussehen kann, zeigte das Jahr 2007: Wochenlange Trockenheit im Frühjahr und dann wolkenbruchartige Niederschläge im Sommer führten zu erheblichen Ertragsverlusten. Direktsaat kann hier eine praktikable Möglichkeit sein, die Folgen des Klimawandels für die Landwirtschaft abzumildern.

Voraussetzungen für Direktsaat

Direktsaat ist nicht nur ein Säverfahren, sondern ein in sich geschlossenes Ackerbausystem! Erst wenn die verschiedenen Bausteine wie angepasste Fruchtfolgen, ständige Bodenbedeckung, Verringerung der Bodenbelastung, Sätechnik, intensiver Zwischenfruchtanbau und veränderte Formen der Düngung richtig miteinander kombiniert werden, ist erfolgreiche Direktsaat möglich.

Fruchtfolge

Wichtigste Voraussetzung für die Direktsaat ist ein konsequenter Fruchtwechsel. Wintergetreide steht dabei im Wechsel mit Blattfrüchten bzw. Sommerungen. Dies könnte dann z.B. so aussehen: Winterweizen – Sommergerste – Winterraps – Winterweizen – Ackerbohnen. Diese Fruchtfolge ermöglicht im Vergleich zu wintergetreidebetonten Fruchtfolgen eine wesentliche Senkung des Pflanzenschutzaufwandes und vermeidet von Beginn an Probleme wie z.B. Durchwuchs. Krankheiten, die über Stroh oder Ernterückstände übertragen werden, wie DTR oder Ährenfusariosen, stellen bei dieser weit gestellten Fruchtfolge kein Problem mehr dar. Nicht zuletzt bleibt hier auch ausreichend Zeit für den Anbau von Zwischenfrüchten. Die Fruchtfolge kann entsprechend des Standortes und der Vermarktungsmöglichkeiten abgewandelt werden, aber der Wintergetreideanteil sollte 50 % nicht übersteigen. Winterraps wie auch Körnerleguminosen dürfen jeweils nicht mehr als 20 % Anteil in der Fruchtfolge einnehmen. Nach Möglichkeiten sind auch humusmehrende Gräser und Kleearten in die Fruchtfolge zu integrieren, wie z.B. Gräservermehrung, Luzerne oder Kleegras.

Ständige Bodenbedeckung

Voraussetzung für Direktsaat ist eine ständige und vollständige Bodenbedeckung durch Stroh, Ernterückstände und Zwischenfrüchte. Damit steht dem Bodenleben ständig reichlich Nahrung zur Verfügung, gleichzeitig wird der Boden vor Austrocknung und schädlicher Sonneneinstrahlung geschützt. Die Isolationswirkung der Bodenbedeckung führt außerdem zu einem ausgeglichenen Temperaturverlauf im Boden. Damit kann sich ein sehr aktives und artenreiches Bodenleben entfalten, das wiederum einen wesentlichen Beitrag zur Selbstauflockerung des Bodens leistet. Um eine ständige Bodenbedeckung abzusichern, müssen pro Jahr mindestens 6 t/ha TM an Mulchmaterialien zugeführt werden. Stroh und Ernterückstände verbleiben deshalb grundsätzlich vollständig auf der Fläche, bei Zwischenfrüchten wird eine maximale Produktion von Biomasse angestrebt.

Bodendruck senken

Da der Boden nicht mehr bearbeitet wird, müssen Schadverdichtungen unbedingt vermieden werden. Zwar steigt die Tragfähigkeit bei Verzicht auf Bodenbearbeitung an, durch die ständige Bodenbedeckung ist die Bodenfeuchtigkeit jedoch erhöht und damit bleibt der Boden empfindlich für Verdichtungen. Vorliegende Erfahrungen zeigen, dass der Bodendruck 0,6 bis 0,8 bar nicht überschreiten darf. Unbedingt vermieden werden muss auch ein Radschlupf über 5 %, der den Boden verknetet und dabei die langfristig aufgebaute Bodengare völlig zerstört. Der Mähdrescher wurde mit Zwillingsreifen ausgerüstet, so dass sich hier der Bodendruck auf 1 bar begrenzen lässt. Unverzichtbar beim Mähdrusch ist der Überladewagen. Fahrzeuge, die sowohl auf der Straße wie auch auf dem Acker fahren wie die Pflanzenschutzspritze oder der Düngerstreuer, sind mit einer Reifendruckregelanlage ausgerüstet.

Rückstandsmanagement

Die intensive Zerkleinerung von Stroh, sei es beim Mähdrusch oder in einem gesonderten Arbeitsgang, würde zusätzliche Kosten verursachen. Ein beschleunigter Strohabbau ist jedoch im Direktsaatsystem nicht erwünscht. Thomas Sander verzichtet deshalb weitgehend auf den Einsatz des Mulchers, zumal die Cross-Slot-Sätechnik mit der Strohauflage ohne weiteres klarkommt, selbst bei hoher Stoppel oder in gestrippten Beständen. Wird schräg zur Arbeitsrichtung des Mähdreschers gesät, lässt sich das Langstroh gut an den Boden drücken. Bei Bedarf wird ein Köckerling- Strohstriegel eingesetzt, der mit einer Crosskill-Walze kombiniert wurde.

Feldmäuse und Schnecken

Mit dem Niederdrücken des Strohs, dem Einsatz der Kombination von Striegel und Walze, dem Anbau hochwachsender Zwischenfrüchte sowie dem Einsatz von Sitzkrücken auf gefährdeten Schlägen war es bisher möglich, einer massenhaften Vermehrung von Feldmäusen vorzubeugen. Ein flächendeckendes Streuen des Ratron-Feldmausköders war bisher noch nicht erforderlich, eine punktuelle Bekämpfung der Feldmäuse mit Legeflinte und Giftweizen erwies sich als ausreichend. Ein größeres Problem stellen dagegen die Ackerschnecken dar, die vor allem in feuchten Jahren wie 2007 im Winterraps erhebliche Schäden angerichtet haben, trotz ständiger Kontrolle und rechtzeitiger Anwendung von Schneckenkorn. In trockeneren „Normaljahren“ gab es dagegen nur geringe Probleme. Der Landwirt hofft jedoch, in Zusammenarbeit mit anderen Direktsaatpionieren auch für das Schneckenproblem eine biologische Lösung zu finden. Dies könnte über Zwischenfrüchte gelingen, die Schnecken abwehren wie Phacelia oder durch die Beisaat von Köderpflanzen wie Buchweizen, die von den Schnecken besser als der Raps angenommen werden und später mit den gängigen Rapsherbiziden problemlos kontrolliert werden können. Hierfür sind aber noch weitere Versuche erforderlich. Patentrezepte gibt es noch nicht. Beim nach Raps angebautem Weizen ließen sich die Schnecken im Herbst 2008 durch den Einsatz von Striegel und Walze in Verbindung mit einem Streuen von Schneckenkorn erfolgreich unter Kontrolle halten. Striegel und Walze werden daher in Zukunft bei Vorhandensein von Schnecken häufiger zum Einsatz kommen.

Sätechnik für Direktsaat

Eine optimale Saatgutablage lässt sich unter extremen Direktsaatbedingungen derzeit nur mit der Cross-Slot-Sätechnik erreichen. Ein besonderer Vorteil dieser Sämaschinen ist die Möglichkeit der Unterfußdüngung, wobei Saatgut- und Düngerablage räumlich voneinander getrennt sind. Eine zusätzliche Box erlaubt die Ausbringung von Schneckenkorn gleich zur Saat. Mit der Ausbildung eines weicheren Bodengefüges unterhalb der Mulchmatte ist der Verschleiß der Cross-Slot-Sämaschine deutlich zurückgegangen. Zinkensämaschinen, so Thomas Sander, sind weniger gut geeignet, weil sie zu viel Boden bewegen und dabei die Mulchauflage immer wieder zerstören. Konventionelle Scheibenscharsämaschinen kommen dagegen mit hohen Strohmengen oft nicht ausreichend klar, so dass der Feldaufgang zu unsicher ist. Für die Einzelkornsaat von Mais und Zuckerrüben hat Sander in diesem Jahr eine brasilianische Einzelkornsämaschine von Fankhauser erprobt (siehe LOP Sept. 07, S. 36), bei der Scheibensech und Meißelschar kombiniert sind.

Düngung

Die Direktsaat erfordert ein Umdenken in der Düngung. Eine Unterfußdüngung zur Saat ist von Vorteil, sie erfolgt vorzugsweise mit Ammonsulfat oder Mehrnährstoffdüngern. Die Ammoniumdepotdüngung mit Injektion in den Wurzelraum (Cultan-Verfahren) steigert die N-Effizienz. Thomas Sander möchte deshalb schrittweise zur Cultan-Düngung übergehen. Bei der Cultan-Düngung erfolgt außerdem keine Festlegung des Stickstoffs in der Mulchauflage, wodurch die Nährstoffverfügbarkeit unberechenbar wird. Mit einem zunehmenden Humusgehalt wird allerdings immer auch Stickstoff festgelegt. Thomas Sander schätzt, dass zur Zeit pro Hektar und Jahr mindestens 1 Tonne Humus festgelegt wird; dies entspricht etwa 50 kg/ha N. Dies muss bei der Stickstoffdüngung berücksichtigt werden. Mit dem erweiterten Anbau von Leguminosen kann andererseits zusätzlich Stickstoff ins System gebracht werden, so dass nicht wesentlich mehr Stickstoff als bei konventioneller Bewirtschaftung ohne Leguminosenanbau benötigt wird. Der Humusgehalt der Ackerböden hat einen erheblichen Anteil an der Kationenaustauschkapazität (KAK). Bei einem hohen Humusgehalt wirken sich Abweichungen vom optimalen Verhältnis der Kationen in der Basensättigung nicht so negativ aus wie bei einem geringen Humusgehalt. Bereits in den letzten Jahren zeigten die Bodenuntersuchungen parallel zur Zunahme des Humusgehaltes eine steigende KAK. Die Grunddüngung erfolgt nach Bodenanalyse auf der Grundlage der Kationenaustauschkapazität (Bodenuntersuchung nach Neal Kinsey). Bei einem optimal strukturierten Boden und Unterfußdüngung zur Saat reichen auch relativ geringe Gehalte in der Krume (Stufe C) für hohe Erträge aus. Wichtig für eine optimale Bodenstruktur und Nährstoffverfügbarkeit sind häufige Kalkgaben entsprechend den Empfehlungen der Bodenuntersuchung.

Zwischenfruchtanbau

 Wenn zwischen Ernte und Wiederbestellung mehr als 6 bis 8 Wochen Vegetationszeit zur Verfügung stehen, wird der Acker grundsätzlich mit einer Zwischenfrucht begrünt. Auf den üblichen Gelbsenf verzichtet Thomas Sander, weil sich dieser in der Fruchtfolge nicht mit Winterraps verträgt. Bevorzugt werden Zwischenfruchtgemenge angebaut, um eine möglichst breite Diversifikation zu erreichen. Am häufigsten kommen derzeit Schwarzhafer, Futtererbsen (Peluschken), Weidelgras und Phacelia zum Einsatz. Schwarzhafer kann Unkräuter und Ausfallgetreide gut unterdrücken und bildet bis in den Spätherbst hinein noch viel Grünmasse. Peluschken wiederum fixieren in ihrer kurzen Wachstumszeit viel Stickstoff und verbessern die Bodenstruktur. Als Gemenge ergänzen sich Schwarzhafer und Peluschken besonders gut. Ein weiteres bewährtes Gemenge, das besonders bei früher Saat viel Biomasse bildet, ist Ölrettich, Serradella und Sonnenblumen. Weitere Leguminosen wie z.B. Wicken oder Serradella sind in der Erprobung. Wie viel Stickstoff tatsächlich mit Leguminosen als Zwischenfrucht gebunden werden kann, wird derzeit auf dem betrieb in einem Forschungsprojekt der Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW) in Pillnitz untersucht. Bei einem Aufwuchs von 4 t/ha Trockenmasse mit einem Rohproteingehalt von etwa 20 % wären es rechnerisch 128 kg/ha N. Zwischenfrüchte stehen nicht nur vor Sommerkulturen, sondern auch vor Winterkulturen. So wurden z.B. Anfang Juli 2007 unmittelbar nach der Wintergerstenernte Peluschken eingesät, ehe dann Ende Juli der Winterraps folgte. Die Erbsen sind innerhalb dieser Zeit noch bis zur Blüte gekommen. Lückige, schwach entwickelte und stark verunkrautete Zwischenfruchtbestände bringen jedoch nicht die erwünschten Effekte. Es zeigte sich, dass aufwandsreduzierte Bestellverfahren wie Vorerntesaaten sowie die Kombination aus Striegel und Düngerstreuer zu unsicher sind. Anders als bei konservierender Bodenbearbeitung ist der Boden bei permanenter Direktsaat ständig mit Mulchmaterialien bedeckt, wodurch der Aufgang von breitwürfig ausgestreutem Saatgut beinträchtigt wird. Außerdem wirkt der Bewuchs der Bodenoberfläche mit Algen und Flechten sowie eine erniedrigten pH-Wert in der obersten Bodenschicht hemmend für die Entwicklung der Keimlinge. Was hinsichtlich der Unterdrückung von Unkräutern und Ungräsern vorteilhaft ist, erweist sich für die Bestellung von Zwischenfrüchten als Problem. Deshalb werden inzwischen die Zwischenfrüchte ebenfalls mit der Cross-Slot-Direktsaatmaschine „hauptfruchtmäßig“ bestellt, nur so ist eine sichere und zügige Etablierung der Zwischenfrucht zu erreichen. Sofern keine reinen Leguminosenbestände angesät werden, muss die Zwischenfrucht außerdem zur Saat mit 20 bis 60/kg/ha N versorgt werden, am besten als Unterfußdüngung.

Bicropping als Alternative?

Eine Alternative zum herkömmlichen Zwischenfruchtanbau ist das Bicropping, womit Thomas Sander inzwischen ebenfalls erste Erfahrungen gesammelt hat. Vorteile des Verfahrens sind vor allem eine bessere Ausnutzung der Vegetationszeit sowie eine damit mögliche Eingliederung von humusmehrenden Gräsern und Kleearten, die viel Wurzelmasse ausbilden. Beim Bicropping wird die Hauptkultur in eine bestehende Gras- oder Kleenarbe eingesät. Teilweise kann bei diesem Verfahren ganz auf Herbizide verzichtet werden, wie dies im Biolandbau bereits erprobt wurde. Es ist möglich, die mit der Hauptkultur konkurrierenden Gräser oder Kleearten mit Herbiziden zu unterdrücken. Wenn die Herbizidgabe nicht zu hoch ist, erholt sich das Gras bzw. der Klee bis zur Ernte der Hauptkultur wieder, so dass eine mehrjährige Begrünung des Boden erreicht wird und das Bicropping ein weiteres Jahr fortgesetzt werden kann. Bislang liegen zu Körnerleguminosen wie Ackerbohnen und Erbsen, die in Rotschwingel bestellt werden, gute Erfahrungen mit Bicropping vor; auch Mais scheint dies gut zu tolerieren. Teilweise versagte das Verfahren aber auch völlig, z.B. bei Weizen oder Lupinen, die vom Gras völlig unterdrückt werden, offensichtlich aufgrund allelopathischer Effekte. Die Allelopathie kann als spezielle Form der ökologischen Konkurrenz zwischen Pflanzen angesehen werden. Die Ursache der Allelopathie ist die Abgabe von Stoffen, die direkt oder nach einer Umwandlung phytotoxisch sind. Die Abgabe kann durch die Wurzeln oder durch das Abwaschen von den Blättern erfolgen. Allelopathie ist damit bei Direktsaat ein zweischneidiges Schwert. Einerseits führt sie zur effektiven Unterdrückung von Unkräutern durch Zwischenfruchtanbau, andererseits kann damit aber auch eine Keimhemmung für Kulturpflanzen entstehen. In vielen Fällen ist noch nicht einmal bekannt, welche Stoffe denn nun phytotoxisch wirken und wie schnell diese abgebaut werden. Weitere Forschung in dieser Richtung ist deshalb dringend erforderlich.

Unkrautunterdrückung

Bislang ist es so, dass vor der Aussaat der Einsatz von Glyphosat erforderlich ist, um die Altverunkrautung und die Zwischenfrucht abzutöten. Unkräuter laufen im Herbst schnell auf, während im Frühjahr ein verzögertes Auflaufen der meisten Ungräser zu beobachten ist. Der Pflanzenschutzaufwand ist nicht höher als bei Mulchsaaten bei gleicher Fruchtfolge. Mit den gängigen Herbiziden sind die Unkräuter bisher gut beherrschbar, schwer bekämpfbare Ungräser oder Unkräuter haben sich nicht ausgebreitet. Auch Herbizidresistenzen konnten bislang noch nicht beobachtet werden. Nach gut gelungenen Zwischenfrüchten kann teilweise völlig auf den Einsatz von Herbiziden nach der Saat verzichtet werden. Thomas Sander hat dazu eine Messerwalze gebaut, die Zwischenfruchtbestände niederwalzt. Erfahrungen mit dieser Technik bestehen sowohl in Südamerika wie auch in den USA. In diese Mulchauflage hinein erfolgt dann die Direktsaat der Hauptkultur. Auf den Einsatz von Herbiziden, ob Glyphosat vor der Saat oder selektive Herbizide nach der Saat, kann so weitgehend verzichtet werden. Allerdings muss die Zwischenfrucht (z.B. Schwarzhafer, Roggen, Erbsen, Rübsen) hierzu weit genug entwickelt sein (bei den meisten Zwischenfrüchten bis zur Vollblüte bzw. bis zur Milchreife), damit die Pflanzen nach dem Niederwalzen absterben und nicht wieder von unter durchtreiben. Eine ausreichende Unterkrautunterdrückung erreicht man nur mit wüchsigen, lückenlosen und weitgehend unkrautfreien Zwischenfruchtbeständen. Dieses Verfahren könnte dazu beitragen, in Zukunft mit deutlich weniger Glyphosat auszukommen.

Ein natürliches Gleichgewicht

Thomas Sander sieht in der Direktsaat ein Bindeglied zwischen Ökolandbau und konventioneller Landwirtschaft. Hier wie da sind angepasste Fruchtfolgen und ein ausgedehnter Zwischenfruchtanbau Grundlage für den Erfolg. Wo ein aktives Bodenleben besteht, stellen sich schnell natürliche Gleichgewichte ein. Stieg zunächst die Anzahl der Schnecken an, so ist sie seit einigen Jahren wieder rückläufig, da sich natürliche Feinde wie Laufkäfer ebenfalls vermehren und so den Schneckenbestand regulieren. Zunächst aber müssen einmal die Schäden, die in den vergangenen Jahrzehnten entstanden sind, wieder beseitigt werden, denn durch die regelmäßige und intensive Bodenbearbeitung ist der Humusgehalt der Ackerböden stark zurückgegangen. Auf stark geschädigten Flächen ist eine mehrjährige Übergangsfrist erforderlich, ehe wieder Erträge wie bei konventioneller bewirtschaftung erreicht werden. Bodenbearbeitung würde eine natürliche Strukturbildung immer wieder unterbrechen. Geeignete Kulturen für den Übergang sind hier z.B. Gräservermehrungen, unter denen sich schon bald eine gute Bodengare entwickelt. Auch Roggen toleriert die ungünstigen Bedingungen gut und liefert ausreichend Mulchmaterial.

Fazit

Die Direktsaat funktioniert auch in Deutschland mit entsprechender Technik, geeigneter Fruchtfolge und Standortvoraussetzungen ohne Ertragseinbußen. Sie erfordert jedoch konsequentes und langfristiges Denken. Jede Maßnahme muss hinsichtlich ihrer langfristigen Auswirkungen auf den Boden untersucht und beurteilt werden. Direktsaat ist zunächst eine Investition in die Zukunft. Hohe Investitionen in Bodenschonung, Sätechnik, Düngung sowie der Mangel an Erfahrung reduzieren die kurzfristigen Einsparpotentziale. Mittel- bis langfristig sind erhebliche Kostenreduzierungen im Bereich Arbeitserledigung, Betriebsmittel und Festkosten möglich. Den Einsparungen bei Maschinenkosten und Kraftstoff stehen jedoch Investitionen in Fortbildung und intensive Bestandesüberwachung gegenüber. Thomas Sander zahlt hier sicherlich mehr Lehrgeld als Landwirte, die erst in den kommenden Jahren in dieses Ackerbausystem einsteigen und dann von bereits vorliegenden Erfahrungen profitieren können. Ertragsdepressionen zeigten sich zunächst vor allem bei Raps und Sommergerste, die beide hohe Ansprüche an die Bodengare stellen. Inzwischen wurde aber bei beiden Kulturen wieder ein Ertragsniveau von vor der Umstellung erreicht. Es deutet sich an, dass mit zunehmender Bodenfruchtbarkeit und Garebildung weitere Ertragssteigerungen möglich sind. Bei Sommergerste konnten unter optimalen Bedingungen auf einzelnen Schlägen bereits mehr als 60 dt/ha geerntet werden. Keine Ertragsverluste gibt es dagegen beim Winterweizen, der mit geringem Aufwand stabile Erträge von 73 dt/ha liefert. Eine Rekordernte brachten auch die Zuckerrüben in Direktsaat mit 75 t/ha bei einem Zuckergehalt von 18 % und sehr guten Qualitätswerten. Auffällig war vor allem die geringe Anfälligkeit gegenüber Pilzerkrankungen. Für die Pionierarbeit in Sachen Direktsaat wurde dem Landwirtschaftsbetrieb Sander der Sächsische Umweltpreis 2006 in der Kategorie Land- und Forstwirtschaft verliehen.

Betriebsreportagen wie diese lesen Sie in jeder Ausgabe der LOP. Jeden Monat berichten wir von einem interessanten Betrieb, der besondere Erfahrungen in pflugloser Bodenbearbeitung, Direkt- oder Mulchsaat gemacht hat.

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