Untersaaten mit zusätzlichem Nutzen

Eine Kulturform der Wegwarte hat sich als Untersaat im Mais gut bewährt, da sie sehr schattenverträglich ist.

Ein Artikel von Rüdiger Jung, Mareile Stever, Rolf Rauber & Heiko Becker von der Georg-August-Universität Göttingen und Henriette Burger & Walter Schmidt von der KWS SAAT AG

Erstmals erschienen in der LOP Mai 2012.

Wegwarte als Reinsaat-Variante am Standort Reinshof, 46 Tage nach dem Drillen der Untersaat
Wegwarte als Reinsaat-Variante (R. Jung)

Entwicklung von Untersaaten und Untersaatenmischungen zur Reduzierung des Unkrautdruckes

Der Anbau von Mais ist für viele ökologisch wirtschaftende Landwirte eine interessante Alternative zu den üblichen Sommer-Kulturen. Jedoch sind insbesondere die mittel- und spät auflaufenden Unkräuter eines der großen Probleme im ökologischen Maisanbau. In Feldversuchen der Abteilung Pflanzenbau an der Universität Göttingen wird untersucht, ob Untersaaten während der Mais-Wachstumsperiode auflaufende Unkräuter effektiv unterdrücken können. Zu diesem Zweck werden in Feldversuchen acht verschiedene Untersaat- Variationen mit zwei Kontrollvarianten ohne Untersaaten verglichen. Die Untersaat- Varianten bestehen aus Reinsaaten von Winterroggen (Secale cereale), Welschem Weidelgras (Lolium multiflorum), Erdklee (Trifolium subterraneum) sowie einer blattreichen Futterform der Wegwarte bzw. Zichorie (Cichorium intybus, Sorte „Grasslands Puna“). Drei Mischsaat- Kombina tionen aus diesen Arten sowie Buchweizen (Fagopyrum esculentum) in einer Mischsaat mit Wegwarte und Winterroggen ergänzen das Untersuchungsspektrum. Neben dem Unkrautunterdrückungsvermögen der Untersaat wird auch ihre Konkurrenzstärke gegenüber dem Mais untersucht. Bisher ist wenig über das Konkurrenzvermögen verschiedener Maissorten bekannt. Die KWS SAAT AG, Einbeck, konnte erste Erfahrungen sammeln und stellt für die Versuche die drei Maissorten Ricardinio, Ronaldinio und Colisee zur Verfügung, die sich morphologisch und agronomisch unterscheiden.

So wurden die Versuche angelegt

Untersaaten mit zusätzlichem Nutzen Tabelle 1: Tabelle 1: Aussaatstärke (Körner pro m²), Tausendkornmasse (TKM), Keimfähigkeit (Kf in %) und Aussaatmenge (kg pro ha, gerundet) der an den Standorten Reinshof und Wiebrechtshausen im Jahr 2011 verwendeten Untersaat-Kulturen in Ökomais.
Tabelle 1.

Die Feldversuche mit pflanzenbaulichem Schwerpunkt wurden an zwei Standorten im südlichen Niedersachsen angelegt. In beiden Fällen handelt es sich um Versuchsflächen, die bereits mehrjährig nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet werden:

  • Das Versuchsgut Reinshof der Universität Göttingen liegt ca. 5 km südlich von Göttingen im Leinetal und bietet mit durchschnittlich 83 Bodenpunkten gute Voraussetzungen für die Durchführung von Feldversuchen mit wissenschaftlicher Fragestellung. Die Flächen bestehen überwiegend aus Auenlehm, die Lufttemperatur liegt im ganzjährigen Mittel bei 8,7 °C, die jährlichen Niederschlagsmengen erreichen im Mittel 645 mm. Leitunkräuter an diesem Standort sind Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense) und Acker-Senf (Sinapis arvensis).
  • Das Klostergut Wiebrechtshausen im Landkreis Northeim ist der zweite Versuchsstandort. Auf den Untersuchungsflächen herrschen Lehmböden mit hohem Schluffanteil vor. Der Jahresniederschlag beträgt im Mittel 680 mm, die durchschnittliche Jahrestemperatur 7,5 °C. Das Leitunkraut am Standort ist der Weiße Gänsefuß (Chenopodium album).

Nach der Grundbodenbearbeitung und dem Einmessen der Feldversuche erfolgte die Aussaat des Maises am Standort Reinshofam 11. Mai und am Standort Wiebrechtshausen am 2. Mai 2011. Die Aussaatstärke betrug 10,6 Körner pro m². Der Abstand zwischen den Maisreihen betrug 0,75 m. Während der Zeit bis zur Einsaat der Untersaat-Varianten wurden die Reihenzwischenräume beim Mais praxisüblich maschinell von Unkraut befreit (Blindstriegeln, Fronthacke, Sternroll hacke). Bei Bedarf wurde manuell nachgearbeitet. Etwa vier bis fünf Wochen nach der Aussaat des Maises wurden die verschiedenen Untersaat-Varianten ausgesät. Dies geschah am Standort Reinshof am 15. Juni und am Standort Wiebrechtshausen am 7. Juni 2011. Die Untersaaten wurden in jeweils drei Reihen zwischen die Maisreihen mit einer Parzellen-Drillmaschine eingesät. Die ausgebrachten Saatmengen waren vergleichsweise hoch (bis zu 1.000 Körner pro m²), da die Erfahrung aus Vorversuchen zeigte, dass hohe Saatgutmengen eine Etablierung absichern können.

Wegwarte mit guter Bodenbedeckung trotz geringem Lichtangebot

Untersaaten mit zusätzlichem Nutzen Bild 1: Reinsaat von Winterroggen als Untersaat: Zunächst gute Entwicklung und Unkrautunterdrückung, reduziert sich später aber sehr stark.
Bild 1. (R. Jung)

Die Parzellenerträge des Körnermaises waren am Standort Reinshof mit durchschnittlich 136,3 dt pro ha (86 % TS) etwas höher als am Standort Wiebrechtshausen mit Erträgen in Höhe von 129,1 dt pro ha. Verglichen mit den mittleren Erträgen für das Jahr 2011 in Deutschland (107,2 dt TM pro ha, Quelle: Deutsches Maiskomitee e.V.) sind die Körnermais-Erträge im Versuch sehr gut. Es sollte jedoch beachtet werden, dass Erträge aus Parzellenversuchen immer etwas höher liegen als in der landbaulichen Praxis.

Trotz der relativ hohen Saatmenge und des guten Auflaufs der Untersaaten waren die Untersaat-Trockenmassen zu den drei Erfassungsterminen

  1. Ende Juli bzw. Anfang August,
  2. Mitte September sowie
  3. Mitte Oktober

vergleichsweise niedrig. Im Mittel über alle Varianten wurden am Standort Reinshof zur ersten Zeiternte lediglich 19 g TM pro m² geerntet, während am Standort Wiebrechtshausen immerhin 37 g TM pro m² anfielen. Diese geringen Erntemengen sind vermutlich auf das trockene Frühjahr 2011 zurückzuführen. Ferner verminderte der Mais als Deckfrucht den Lichteinfall zum Boden, so dass das Wachstum der Untersaat- Kulturen verringert war. Zu den späteren Ernteterminen waren die Erntemengen der Untersaaten an beiden Standorten im Mittel noch etwas niedriger als zum 1. Erntetermin (16 bis 23 %).

Parallel zur Untersaaten-Ernte wurden die Erträge der Unkräuter erfasst. Verglichen mit den Kontrollvarianten ohne Untersaaten war auf beiden Standorten deutlich erkennbar, dass die Untersaat-Varianten weitaus weniger stark verunkrautet waren: Im Vergleich zur Kontrolle ohne Untersaaten wurde im Mittel aller Untersaatvarianten zum 1. Erfassungstermin lediglich 45 % (Reinshof) bzw. 60 % (Wiebrechtshausen) der Unkraut-Trockenmasse angetroffen. Bei den weiteren Erfassungsterminen nahm auch die Unkrautmasse in den Kontrollvarianten deutlich ab, was auf die zunehmende Beschattung durch den Mais zurückzuführen ist.

Varianten der Untersaat

Untersaaten-mit-zusätzlichem-Nutzen_Bild2: Die Mischsaat-Variante aus Welschem Weidelgras und Wegwarte am Standort Reinshof, kurz vor der Maisernte am 5.10.2011.
Bild 2. (R. Jung)

Die einzelnen Untersaat-Varianten schnitten im ersten Versuchsjahr folgendermaßen ab:

  • Winterroggen in Reinsaat: Diese Variante entwickelte sich anfangs sehr gut, im Laufe der Vegetationsperiode litt der Winterroggen jedoch am stärksten von allen Untersaaten unter Lichtmangel und war am Ende kaum noch nachweisbar. Im Mittel war das Unkrautaufkommen gegenüber der Kontrolle trotzdem um 60 % reduziert.
  • Winterroggen-Wegwarte Mischsaat: Am Standort Wiebrechtshausen war der Winterroggen nahezu vollständig aus der Mischung verschwunden, wohingegen er am Standort Reinshof bis Mitte September überraschenderweise „zurückkehrte“, was sich vermutlich auf einen erhöhten Lichtgenuss im Zuge der Abreife der Maisbestände zurückführen lässt. Auch hier konnte gegenüber der Kontrolle eine deutliche Reduktion des Unkrautwachstums festgestellt werden, im Mittel um ca. 50 %.
  • Buchweizen-Wegwarte-Winterroggen Mischsaat: Diese Mischung erzielte als einzige einen weit überdurchschnittlichen Trockenmasse- Ertrag, der hauptsächlich auf den Buchweizen mit Ertragsanteilen zwischen 66 und 83 % zurückzuführen ist. Auch hier ging der Roggenanteil stark zurück, während die Wegwarte im Bodenbereich und der Buchweizen in die Höhe wuchsen. Am Standort Reinshof war das Unkrautaufkommen gegenüber der Kontrolle bis zu 80 % reduziert, in Wiebrechtshausen bis zu 60 %.
  • Wegwarte-Reinsaat und Mischsaat- Varianten: Die Wegwarte wies eine intensive Blattmassebildung auf, die für die Futtersorte „Grasslands Puna“ typisch ist. Entsprechend waren die Erträge zumeist überdurchschnittlich, aber nicht höher als die des Weidelgrases. In allen vier Mischsaat- Varianten mit dieser Wegwarten-Sorte wurden sowohl hohe Ertragsanteile wie auch vergleichsweise hohe Ertragsmengen erzielt. Das Unkraut wurde effektiv unterdrückt: Reduktion gegenüber der Kontrolle bis zu 48 % bei der Reinsaat und bis zu 64 % bei den drei Mischsaaten ohne Buchweizen.
  • Erdklee in Reinsaat: Diese Variante lieferte allenfalls durchschnittliche Erträge. Die Pflanzen blieben oft klein, bedeckten aber den Boden gleichmäßig. Die Reduzierung des Unkrautwachstums gegenüber der Kontrolle war auch in beiden Varianten mit Erdklee mit bis zu 60 % überraschend gut.
  • Erdklee-Wegwarte Mischsaat: In dieser Kombination dominierte die Wegwarte, die Mischung zeigte durchschnittliche Erträge. Auf dem Standort Reinshof sank der Kleeanteil anfangs deutlich, um – ähnlich wie beim Roggen – Mitte September wieder zuzunehmen. Die Reduktion der Unkräuter gegenüber der Kontrolle fiel etwas ungünstiger aus als bei anderen Mischsaaten, war mit durchschnittlich 40 % aber noch immer zufriedenstellend.
  • Welsches Weidelgras in Reinsaat und in Mischsaat mit Wegwarte: Das Weidelgras kam mit den geringen Lichtverhältnissen während der Vegetationsperiode deutlich besser zurecht als der Winterroggen. Zu allen drei Zeiternten zeigte das Weidelgras ähnliche Erträge wie die Wegwarte in der Reinsaat-Variante. Während des gesamten Vegetationszeitraums waren die Weidelgras-Erträge konstant. Die Bodenbedeckung war zumeist sehr gut und auch die Konkurrenzkraft gegenüber den Unkräutern schien gut zu sein. Insbesondere am Standort Reinshof wurde gegenüber der Kontrolle eine Reduktion des Unkrautwuchses um bis zu 65 % festgestellt. Bei den Reinsaaten waren die Erträge des Welschen Weidelgrases und der Wegwarte im Mittel der drei Untersaaten-Erntetermine annährend gleich. Winterroggen konnte nur anfangs (1. Erfassungstermin) mithalten, während der Erdklee nur etwa 50 bis 80 % der Ertragsmenge des Weidelgrases aufwies.

Vielfältiger Nutzen der Mais-Untersaat

Häufig stellt sich die Frage nach dem zusätzlichen Nutzen einer Untersaat. In einigen erosionsgefährdeten Gebieten stellt eine Untersaat einen effizienten Schutz vor Wasser- oder Winderosion dar. Der Pflanzenbewuchs zwischen den Maisreihen verbessert zudem die Befahrbarkeit des Bodens. Des Weiteren ist bekannt, dass Untersaaten den Befall der Deckfrucht durch Blattläuse vermindern. Bei winterharten Untersaat-Kulturen ist nach Silomais die Nutzung als Winterzwischenfrucht möglich. Nach der Silomais- Ernte akkumulieren die Untersaaten über Winter Stickstoff. Dadurch wird die Auswaschungsgefährdung von Nitrat vermindert. Ferner besteht die Möglichkeit, im Frühjahr die Pflanzen zu ernten und diese als Futter für Nutztiere oder als „nachwachsenden Rohstoff“ für die Biogasanlage zu verwenden.

Die Maissorte Colisee wies 2011 an beiden Standorten einen etwas geringeren Kornertrag als die beiden anderen Maissorten auf. Zudem wurde festgestellt, dass in den Prüfgliedern mit Colisee die Erträge der Untersaaten und Unkräutern deutlich höher ausfielen als in den Prüfgliedern der Maissorten Ricardinio und Ronaldinio. Der Einfluss der Untersaaten auf den Kornertrag des Maises schien im Mittel jedoch eher gering zu sein. Vergleicht man die Untersaat-Varianten mit den Kontrollvarianten ohne Untersaaten, könnte man erwarten, dass der Mais auf Grund der Konkurrenz durch die Untersaaten geringere Kornerträge aufzeigt. Dies wurde 2011 auf Basis der vorliegenden Daten jedoch nicht beobachtet. Bei den Sorten Ricardinio und Ronaldinio waren die Kornerträge der Varianten mit Untersaaten teilweise sogar höher als bei den Varianten ohne Untersaaten. Die Auswertungen sind nach dem ersten Versuchsjahr noch nicht abgeschlossen, sodass grundlegende Schlussfolgerungen noch ausstehen.

Welche der Untersaat- Varianten und Maissorten letztendlich am besten abschneiden werden, müssen die Felduntersuchungen und Auswertungen der folgenden Jahre zeigen. Um mögliche Auswirkungen der eingesäten Untersaaten im Mais tiefergehend zu beleuchten, werden im Winter im Gewächshaus Untersuchungen zum Samenbankpotential durchgeführt. Mögliche Zusammenhänge der Häufigkeit bestimmter Unkrautarten mit den ausgebrachten Untersaaten werden im Laufe des Projektes weiter analysiert. Nach Abschluss des ersten Versuchsjahres konnten erste wichtige Hinweise zur optimalen Kombination von Mais-Genotyp und Untersaat, die im Hinblick auf die Unkrautunterdrückung und Ertragsbildung am besten harmonieren, gesammelt werden. Nach drei Versuchsjahren soll eine entsprechende Praxisempfehlung entwickelt werden.

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