Direktsaat

Direktsaat

Erst in den 1960er Jahren konnte sich die Direktsaat mit der Entwicklung von Breitbandherbiziden etablieren. Hier verzichtet man auf jeglichen Eingriff in den Boden, muss die Verunkrautung aber mit Herbiziden bekämpfen. Andererseits ermöglicht die Direktsaat einen wesentlich effektiveren Erosionsschutz als die konservierende Bodenbearbeitung, da alle Rückstände an der Bodenoberfläche verbleiben. Wenn der Boden zur Saatbettbereitung auch nur flach bearbeitet wird, so handelt es sich nicht mehr um Direktsaat. Wird bei der Saat mehr als 50% der Bodenoberfläche gelockert oder durchmischt spricht man auch nicht mehr von Direktsaat. Erst mit der Entwicklung des Wirkstoffs Glyphosat, das auch hartnäckige Wurzelunkräuter wie Quecken sicher bekämpfen konnte, gewann die Direktsaat weltweit größere Verbreitung.

Seit den 1970er Jahren hat die Direktsaat auch in Südamerika an Bedeutung gewonnen; heute ist sie dort das vorherrschende Ackerbausystem. Hier kam dann in den 1980er Jahren noch ein sehr wichtiger Baustein hinzu, nämlich der Anbau von Zwischenfrüchten zur Gründüngung. Es hat sich gezeigt, dass sich der Unkrautdruck bei Direktsaat mit Zwischenfrüchten wie dem Rauhhafer deutlich reduzieren ließ. Natürlich haben diese Zwischenfrüchte noch weitere Vorteile, wie verbesserter Erosionsschutz oder die Anreicherung mit organischer Substanz. Letztlich konnte nur mit der Direktsaat in den tropischen und subtropischen Regionen Südamerikas ein nachhaltiger Ackerbau realisiert werden, denn bei herkömmlicher Bearbeitung kann dort die fruchtbare Ackerkrume innerhalb weniger Jahre vollständig abgetragen werden. Die Kombination aus intensivem Zwischenfruchtanbau und Direktsaat hat sich so bewährt, dass dieses System heute von der FAO in der Entwicklungshilfe auch für andere Regionen der Welt empfohlen wird. Hierfür wurde die Bezeichnung „conservation agriculture“ geprägt, was an sich nur wenig mit der bei uns üblichen „konservierenden Bodenbearbeitung“ zu tun hat.

Begriffsdefinition Direktsaat

Direktsaat bedeutet, dass die Saat einer Kultur ohne jede Bodenbearbeitung in die Stoppel der Vorfrucht erfolgt. Ziel ist ein möglichst weitgehender Erhalt der Bodenbedeckung als Erosions- und Verdunstungsschutz. Zur Aussaat sind spezielle Direktsämaschinen erforderlich. Hier werden nur Säschlitze geöffnet, in die das Saatgut abgelegt wird. Von Direktsaat kann nur gesprochen werden, wenn zwischen der Ernte der vorherigen Hauptfrucht und der Wiederbestellung keine Bodenbearbeitung erfolgt, allenfalls ein Einsatz des Schwerstriegels ist möglich. Auch die Einsaat in eine unbearbeitete Zwischenfrucht gilt nicht als Direktsaat, wenn zur Zwischenfrucht eine Bodenbearbeitung erfolgt ist – dann würde man von Mulchsaat ohne Saatbettbereitung sprechen. Außerdem darf bei Direktsaat maximal 50 % der Bodenoberfläche bewegt werden. Wird der Boden bei der Bestellung ganzflächig bearbeitet – z. B. mit Kurzscheibeneggen, Kreiselegge, Zinkenrotoren oder Grubberscharen – spricht man von Bestellsaat.

Vorteile

Die Direktsaat ist mit zahlreichen Vorteilen verbunden. Besonders die ständige Bedeckung des Bodens verringert das auftreten von Erosion sehr stark. Wichtige Vorteile der Direktsaat sind:

  1. Einsparung von Kosten, Arbeitszeit und Kraftstoff durch wegfall der Bodenbearbeitung,
  2. Geringerer Investitionsaufwand für weniger Maschinen und Traktoren,
  3. Vorbeugung von Bodenerosion durch Wind und Wasser,
  4. Förderung des Bodenlebens, insbesondere der tiefgrabenden Regenwürmer,
  5. Bessere Bodenstruktur, weniger Verschlämmungen,
  6. Erhöhte Tragfähigkeit der Flächen, besonders bei feuchten Bedingungen,
  7. Verringerung unproduktiver Wasserverluste durch besseres Infiltrationsvermögen und Bodenbedeckung.

Nicht ganz eindeutig zu bewerten ist die Zunahme des Humusgehaltes. Unumstritten ist bei langjährigem Pflugverzicht eine deutliche Anreicherung von organischem Material und Humus an der Bodenoberfläche, gleichzeitig könnten aber tiefere Schichten langfristig an Humus verarmen. In der Praxis sind allerdings oft eine deutliche Zunahme der Humusgehalte und eine verbesserte Bodenfruchtbarkeit zu sehen.

 

Nachteile

Die Direktsaat kann aber auch mit einigen Problemen verbunden sein. Es ist zu beachten, dass sich vielen dieser Probleme insbesondere durch erweiterte Fruchtfolgen vorbeugen lassen und diese damit nicht zwangsläufig entstehen müssen.

Häufige Nachteile sind:

  1. Verstärkte Verunkrautung, bei Direktsaat müssen die Altverunkrautung und die Ausfallpflanzen der Vorfrucht vor der Wiederbestellung durch Breitbandherbizide wie z. B. Glyphosat abgetötet werden. Eine permanente Bedeckung des Bodens durch Zwischenfrüchte wirkt ebenfalls unkrautunterdrückend.
  2. Erhöhter Krankheitsdruck: Viele Krankheiten gehen von den Rückständen der Vorfrucht an der Bodenoberfläche aus. Da diese Rückstände bei Pflugverzicht nicht sauber eingearbeitet werden, kann es zu einem stärkeren Besatz mit pilzlichen Erregern kommen. Die beste Vorbeugungsmaßnahme ist hier ein regelmäßiger Fruchtwechsel und der Verzicht auf Selbstfolgen, z. B. Weizen – Weizen oder Mais – Mais. Maßnahmen des Strohmanagements wie ein feines Zerkleinern der Rückstände führen zu einem raschen Abbau des Strohs mitsamt den daran befindlichen Krankheitserregern. Besonders wichtig ist das beim Maisstroh, um den gefürchteten Ährenfusariosen im folgenden Weizen vorzubeugen. Das Mulchen des Strohs ist außerdem die wichtigste Vorbeugungsmaßnahme zur Bekämpfung des Maiszünslers, der in den Maisstoppeln überwintert.
  3. Feldmäuse und Schnecken: Während diese Schädlinge in Südamerika fast unbekannt sind, treten sie in Mitteleuropa recht häufig auf und können manche Kulturen wie Raps und Zuckerrüben bis hin zum völligen Ausfall schädigen. Eine chemische Bekämpfung von Mäusen und Schnecken ist zwar möglich, aber nicht sehr effektiv. Feldmäuse können gegenwärtig nur in Handarbeit bekämpft werden, indem mit der Legeflinte Giftweizen in die Löcher eingebracht wird. Dies ist wohl der wichtigste Grund, warum sich die Direktsaat in Mitteleuropa bisher noch nicht recht durchsetzen konnte.
  4. Bei Direktsaat kann es auch zu verringerten Erträgen kommen. Ursache hierfür ist meist eine verzögerte Erwärmung des Bodens. Verfahren wie die Unterfuß- und Injektionsdüngung können den Problemen einer verzögerten Bodenerwärmung und Mineralisierung entgegenwirken. Oftmals holen die Bestände später den Entwicklungsrückstand wieder auf, da in der Vegetationsperiode mehr Wasser zur Verfügung steht.

 

Foto: Werkbild NOVAG

Ein neues Leitbild: Conservation Agriculture

Ein neues Leitbild der United Nations Food and Agriculture Organisation (FAO) entstand um das Jahr 2000 mit der „Conservation Agriculture“. Mit diesem wollte man die nachteiligen Folgen moderner Agrartechnologien reduzieren. Die drei Hauptprinzipien der Konservierenden Landwirtschaft – minimale Bodenstörung, Anbaudiversifizierung und dauerhafte Bodenbedeckung – sollen dazu beitragen, die Umwelt zu schützen und die Auswirkungen des Klimawandels auf landwirtschaftliche Systeme zu mindern. Darüber hinaus soll der Beitrag der landwirtschaftlichen Praktiken zu Treibhausgasemissionen durch nachhaltiges Landmanagement minimiert werden. Diese weltweit bewährten Prinzipien tragen dazu bei, den Boden vor Erosion und Degradation zu schützen, die Bodenqualität und die biologische Vielfalt zu verbessern, die natürlichen Ressourcen zu erhalten, ihre Nutzungseffizienz zu steigern und gleichzeitig die Ernteerträge zu optimieren. Im Folgenden soll auf die drei Hauptprinzipien der Conservation Agriculture näher eingegangen werden.

1. Minimale Bodenstörung und Bodenruhe
Angestrebt wird der weitgehende Verzicht auf jegliche Bodenbearbeitung oder nötigenfalls eine möglichst minimale Bodenbewegung. Das Saatgut wie auch der Mineraldünger sollen dazu mit minimaler Bodenbewegung ausgebracht werden. Dies entspricht dem Verfahren der Direktsaat. Der Verzicht auf eine Bodenbearbeitung soll dazu beitragen, die Bodeneigenschaften zu verbessern, die organische Bodensubstanz zu erhalten oder bestenfalls zu erhöhen und somit die Bodenerosion zu reduzieren. Außerdem wird ein vielfältiges Bodenleben gefördert. Darüber hinaus reduziert die Direktsaat den Energieverbrauch von Landmaschinen und verbessert die Entwässerung und Durchlüftung der Böden. Ein Verzicht auf die Bodenbearbeitung ist auch eine Grundvoraussetzung dafür, dass die Bodenbedeckung aus Stroh und Ernteresten erhalten bleibt. In den meisten Fällen schaffen Bodentiere wie tiefgrabende Regenwürmer ein stabiles und leistungsfähiges Vertikalporensystem, welches die Zirkulation von Luft und Wasser im Boden gewährleistet.

2. Anbaudiversifizierung und Fruchtwechsel
Monokulturen und enge Fruchtfolgen haben zahlreiche Nachteile, vor allem im Hinblick auf phytopathologische Probleme. Je enger die Fruchtfolge ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Schaderreger wie Krankheiten oder Insekten ungebremst vermehren. Je länger die Anbaupausen sind, desto vollständiger werden z.B. infizierte Rückstände auf dem Stroh durch das Bodenleben abgebaut und verschwinden damit vollständig aus der Fruchtfolge. Enge Fruchtfolgen begünstigen überdies eine Ausbreitung von Problemunkräutern und die Selektion von Herbizidresistenzen. Deshalb ist es sehr sinnvoll, auf dem Acker möglichst viele Arten aus unterschiedlichen Pflanzenfamilien anzubauen.
In erster Linie sollte die Anbaudiversifizierung über weite Fruchtfolgen mit vielen unterschiedlichen Arten erfolgen. So sind ausreichend lange Anbaupausen möglich, in denen sich das Schaderregerpotenzial einer Kultur abbauen kann. Neben erweiterten Fruchtfolgen kann eine Anbaudiversifizierung aber auch über Maßnahmen wie den Anbau von Zwischenfrüchten oder Mischkulturen geschehen. So wird man in trockenen Regionen, die keinen erfolgreichen Zwischenfruchtanbau gestatten, verstärkt auf die Einhaltung der Fruchtfolgeregeln achten müssen oder auch Mischkulturen anbauen. In feuchteren Regionen mit ausreichend langer Vegetationszeit wird man hier verstärkt auf artenreiche Zwischenfruchtmischungen setzen.
Eine erhöhte Anbaudiversifizierung verbessert die Anpassungsfähigkeit landwirtschaftlicher Systeme an den Klimawandel, indem sie die Bodenfruchtbarkeit und -struktur, die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens sowie die Wasser- und Nährstoffverteilung im gesamten Bodenprofil verbessert, zur Vorbeugung von Schädlingen und Krankheiten beiträgt und damit die Ertragsstabilität erhöht. Diversifizierte Anbausysteme sind grundsätzlich stabiler und widerstandsfähiger als Monokulturen. Nicht zuletzt trägt eine  Anbaudiversifizierung – vor allem durch erweiterte Fruchtfolgen – zur einer Verbesserung der Ertragsstabilität bei.

3. Dauerhafte organische Bodenbedeckung
Das dritte wichtige Hauptprinzip der „Conservation Agriculture“ ist eine ständige Bedeckung der Bodenoberfläche mit lebendem und totem organischen Material. Diese Mulchauflage soll den Boden vor Einflüssen wie Starkregen, Sonneneinstrahlung und Überhitzung sowie schneller Austrocknung schützen. Die Bodenbedeckung kann mit Stroh, Ernterückständen und Zwischenfrüchten erfolgen. Eine dauerhafte Bodenbedeckung ermöglicht die Anpassung an den Klimawandel, indem die Bodenerosion und -degradation vorgebeugt wird. Gerade die Bodenerosion wird durch Extremwetter-ereignisse wie Starkniederschläge (Wassererosion), aber auch durch Dürre, extreme Hitze und Stürme (Winderosion) ausgelöst, wobei eine Bodenbedeckung den Boden vor den Witterungseinflüssen schützen kann. Überdies verbessern Zwischenfrüchte die Bodenfruchtbarkeit, erhalten die Bodenfeuchtigkeit, vermeiden eine Verdichtung des Bodens (biologische Bodenverbauung), reduzieren den Schädlings- und Krankheitsdruck und erhöhen die biologische Vielfalt in Agrarökosystemen.

Anpassung an die lokalen Bedingungen
Die drei Hauptprinzipien und die damit verbundenen Maßnahmen der „Conservation Agriculture“ sind in allen landwirtschaftlichen Anbausystemen anwendbar, müssen jedoch immer an die lokalen Bedingungen der jeweiligen Region angepasst werden. Die Prinzipien Bodenruhe, Fruchtfolge und Bodenbedeckung sind die Grundlage von Direktsaatsystemen, wobei ihre Bedeutung noch darüber hinausgeht, z. B. hinsichtlich der Integration von Weideflächen oder Agroforstsystemen in die Flächennutzung. Wenn bei der Umstellung auf Direktsaat nur auf Bodenbearbeitung verzichtet wird und eine angepasste Direktsaattechnik verwendet wird, aber sonst nichts geändert wird, sind Misserfolge vorprogrammiert. Die drei Hauptprinzipien der Conservation Agriculture geben dabei einen Rahmen vor, um die Direktsaat erfolgreich umzusetzen.